... newer stories
Sonntag, 5. Februar 2012
Rosa verteidigt Karl-Theodor
zirkustiger, 13:40h
Fünfter Februar
Ich weiß ja nicht, wie es euch damit geht – aber die Diskussions- und Streitkultur ist so eine Sache. Ebenso wie die freie Meinungsäußerung an sich, die uns allen doch verfassungsmäßig garantiert ist. Die Art und Weise derselben unterliegt jedoch stark subjektiver Auslegungen, und so darf ich zumindest meine Meinung äußern, dass die vorgehaltene Maske eines erzkatholischen englischen Terroristen aus dem späten Mittelalter mir persönlich dafür nicht unbedingt geeignet erscheint. Aber wie gesagt – das ist meine persönliche Meinung. Nun üben sich die selbsternannten Sachwalter der schrankenlosen Freiheit im Internet auch noch in Stummfilmattitüden a la Dick und Doof: Sie schmeißen mit Sahnetorten! Ausgerechnet in das völlig unmaskierte und stets gut gebräunte Gesicht des Freiherrn zu Guttenberg, der von der EU bestallt ist, eben diese Freiheit des Internets in Regeln zu bringen und dafür geeignete Modalitäten zu entwickeln. Dazu traf er sich immerhin mit einem Protagonisten der Piraten-Partei, die dadurch eine Aufwertung erfährt, die ihrem diffusen und bisher von wenig Sachkenntnis getrübten Geschwätz auf politischen Bühnen erstaunlich unangemessen erscheint (auch dies, bitteschön, ist eine ganz persönliche Meinungsäußerung). Und nachdem die Torte geflogen und die Sahne vom Gesicht geleckt war, haben sie tatsächlich noch weiter geredet da im Berliner Abgeordnetenhaus. Zum Tortenwurf bekannt hat sich inzwischen die „Hedonistische Internationale“. Das entsprechende Video wird im freien Internet mit Klickorgien geadelt. Guttenberg hat via Facebook reagiert – wie angemessen. Und sogar halbwegs witzig. Und ich verspüre beim Versuch, dies alles zu verarbeiten und mir dazu eine Meinung zu bilden, so ein leichtes Grummeln im Untergrund. Nach anfänglicher Verunsicherung (die Erdbeben kommen ja auch immer näher) wird mir schnell klar: Da rotiert Rosa Luxemburg in ihrem Grabe…! Wie schrieb sie doch einst? Freiheit sei immer die Freiheit der Andersdenkenden?! Damit flöge sie heutzutage bei den Piraten wohl ebenso raus wie bei Anonymous…
Ich weiß ja nicht, wie es euch damit geht – aber die Diskussions- und Streitkultur ist so eine Sache. Ebenso wie die freie Meinungsäußerung an sich, die uns allen doch verfassungsmäßig garantiert ist. Die Art und Weise derselben unterliegt jedoch stark subjektiver Auslegungen, und so darf ich zumindest meine Meinung äußern, dass die vorgehaltene Maske eines erzkatholischen englischen Terroristen aus dem späten Mittelalter mir persönlich dafür nicht unbedingt geeignet erscheint. Aber wie gesagt – das ist meine persönliche Meinung. Nun üben sich die selbsternannten Sachwalter der schrankenlosen Freiheit im Internet auch noch in Stummfilmattitüden a la Dick und Doof: Sie schmeißen mit Sahnetorten! Ausgerechnet in das völlig unmaskierte und stets gut gebräunte Gesicht des Freiherrn zu Guttenberg, der von der EU bestallt ist, eben diese Freiheit des Internets in Regeln zu bringen und dafür geeignete Modalitäten zu entwickeln. Dazu traf er sich immerhin mit einem Protagonisten der Piraten-Partei, die dadurch eine Aufwertung erfährt, die ihrem diffusen und bisher von wenig Sachkenntnis getrübten Geschwätz auf politischen Bühnen erstaunlich unangemessen erscheint (auch dies, bitteschön, ist eine ganz persönliche Meinungsäußerung). Und nachdem die Torte geflogen und die Sahne vom Gesicht geleckt war, haben sie tatsächlich noch weiter geredet da im Berliner Abgeordnetenhaus. Zum Tortenwurf bekannt hat sich inzwischen die „Hedonistische Internationale“. Das entsprechende Video wird im freien Internet mit Klickorgien geadelt. Guttenberg hat via Facebook reagiert – wie angemessen. Und sogar halbwegs witzig. Und ich verspüre beim Versuch, dies alles zu verarbeiten und mir dazu eine Meinung zu bilden, so ein leichtes Grummeln im Untergrund. Nach anfänglicher Verunsicherung (die Erdbeben kommen ja auch immer näher) wird mir schnell klar: Da rotiert Rosa Luxemburg in ihrem Grabe…! Wie schrieb sie doch einst? Freiheit sei immer die Freiheit der Andersdenkenden?! Damit flöge sie heutzutage bei den Piraten wohl ebenso raus wie bei Anonymous…
... link (0 Kommentare) ... comment
Vermutungen über den Konjunktiv
zirkustiger, 13:39h
Dritter Februar
Ich weiß ja nicht, wie es euch damit geht – ich reagiere zunehmend gereizt auf Nachrichtensendungen im TV, die als Youtube-Video-Show ablaufen. Und das nicht nur auf den privaten Kanälen, keineswegs: Da machen auch Tageschau und HEUTE kräftig mit. Verwackelte Handy-Sequenzen, rennende Menschen, verschwommene Fahrzeuge, Nacht zumeist, blutroter Feuerschein allgegenwärtig, geschüttelte Fäuste, und beim Näherkommen wackelt sich die Perspektive in einen dunklen Nachthimmel hinauf oder verharrt für nullkommazwei Sekunden auf einer woraus auch immer bestehenden Pfütze auf dem Straßenpflaster. Dazu verschwurbelt sich der Kommentarton in Konjunktiv-Konstruktionen, was wir da gegebenenfalls gesehen haben könnten. Der Reporter vor Ort wird zugeschaltet und kann weder bestätigen noch dementieren. Aber die Videos sind nun mal da, sollen von Augenzeugenschaft künden und der Welt zeigen, was wirklich los ist in Amman und Kairo, in Teheran, Sanaa oder Homs. Damit mich niemand falsch versteht: Ich empfinde tiefe Abscheu gegenüber dem, was die dortigen Regierungen ihrem Volk antun, und ich bin überzeugt, dass ein Großteil der behaupteten Gräuel auch stimmt. Doch ebenso (und dafür mehren sich die Belege aus jüngster Zeit) häufen sich sowohl die unabsichtlichen Fehlinterpretationen als auch die absichtsvollen Fakes in der Freiheit des Internet, in der die Glaubwürdigkeit von Quellen und die Seriosität von Informationen zu einem immer größeren Problem werden. Solange der Kommentar derartiger Wackelbilder (auf die ich gern verzichten würde) sprachlich im Konjunktiv bleibt, wähnt man sich als Journalist auf der sicheren Seite und hofft auf jene viel beschworene Medienkompetenz der Zuschauer, die nicht jedes Bild für bare Realität nehmen. Doch wenn sich Stimmen mehren, die genau diesem Journalismus zunehmend seine Berechtigung absprechen und ihn durch Youtube und Twitter längst abgelöst wähnen, dann sehe ich das Ende des Konjunktivs gekommen.
Apropos: Nicht immer ist ja Konjunktiv gleich Konjunktiv: Während diverse Tageszeitungen kürzlich über eine weitere Festnahme im Umfeld der Zwickauer Terrorzelle von einem „mutmaßlichen Unterstützer“ schrieben, titelte BILD, ein „angeblicher Helfer“ sei da verhaftet worden. Ich hoffe nur, dass die sprachliche Sensibilität der geschätzten Leserschaft noch ausreicht, die Temperaturunterschiede zwischen „mutmaßlich“ und „angeblich“ zu erspüren…
Ich weiß ja nicht, wie es euch damit geht – ich reagiere zunehmend gereizt auf Nachrichtensendungen im TV, die als Youtube-Video-Show ablaufen. Und das nicht nur auf den privaten Kanälen, keineswegs: Da machen auch Tageschau und HEUTE kräftig mit. Verwackelte Handy-Sequenzen, rennende Menschen, verschwommene Fahrzeuge, Nacht zumeist, blutroter Feuerschein allgegenwärtig, geschüttelte Fäuste, und beim Näherkommen wackelt sich die Perspektive in einen dunklen Nachthimmel hinauf oder verharrt für nullkommazwei Sekunden auf einer woraus auch immer bestehenden Pfütze auf dem Straßenpflaster. Dazu verschwurbelt sich der Kommentarton in Konjunktiv-Konstruktionen, was wir da gegebenenfalls gesehen haben könnten. Der Reporter vor Ort wird zugeschaltet und kann weder bestätigen noch dementieren. Aber die Videos sind nun mal da, sollen von Augenzeugenschaft künden und der Welt zeigen, was wirklich los ist in Amman und Kairo, in Teheran, Sanaa oder Homs. Damit mich niemand falsch versteht: Ich empfinde tiefe Abscheu gegenüber dem, was die dortigen Regierungen ihrem Volk antun, und ich bin überzeugt, dass ein Großteil der behaupteten Gräuel auch stimmt. Doch ebenso (und dafür mehren sich die Belege aus jüngster Zeit) häufen sich sowohl die unabsichtlichen Fehlinterpretationen als auch die absichtsvollen Fakes in der Freiheit des Internet, in der die Glaubwürdigkeit von Quellen und die Seriosität von Informationen zu einem immer größeren Problem werden. Solange der Kommentar derartiger Wackelbilder (auf die ich gern verzichten würde) sprachlich im Konjunktiv bleibt, wähnt man sich als Journalist auf der sicheren Seite und hofft auf jene viel beschworene Medienkompetenz der Zuschauer, die nicht jedes Bild für bare Realität nehmen. Doch wenn sich Stimmen mehren, die genau diesem Journalismus zunehmend seine Berechtigung absprechen und ihn durch Youtube und Twitter längst abgelöst wähnen, dann sehe ich das Ende des Konjunktivs gekommen.
Apropos: Nicht immer ist ja Konjunktiv gleich Konjunktiv: Während diverse Tageszeitungen kürzlich über eine weitere Festnahme im Umfeld der Zwickauer Terrorzelle von einem „mutmaßlichen Unterstützer“ schrieben, titelte BILD, ein „angeblicher Helfer“ sei da verhaftet worden. Ich hoffe nur, dass die sprachliche Sensibilität der geschätzten Leserschaft noch ausreicht, die Temperaturunterschiede zwischen „mutmaßlich“ und „angeblich“ zu erspüren…
... link (0 Kommentare) ... comment
... older stories