Donnerstag, 25. Juni 2020
Politische Korrektheit - ja, bitte! Aber mit Augenmaß...
Eine Unkultur greift um sich, die unter der Vorgabe politischer Korrektheiten auf eine gefährliche Weise intolerant, rechthaberisch und zunehmend aggressiv auftritt. Die Themen: Geschlechtergerechtigkeit, Diversität, Anti-Rassismus, staatliches Machtmonopol, ideologische Deutungshoheit. Alles höchst wichtige und brisante Themen, zweifellos, doch auch diffizil und nicht mit schablonenhaften Denkmustern zu klären. Ich denke, viele werden bereits Erfahrungen im Umgang mit den zahlreicher (oder vielleicht nur lauter?) werdenden Rechthaber*/_Innen jeglicher Coleur gesammelt haben. Ich verarbeite die meinen heute mal lyrisch - vielleicht ist Poesie ja eine mögliche Lösung (wer dichtet, haut nicht - oder so ähnlich...):

Sapere aude!

Ich bin ein ziemlich alter Mann,
zu allem Unglück weiß geboren,
und auch, wenn ich dafür nichts kann,
hab‘ ich schon irgendwie verloren.

Ich bin heterosexuell
und hatte damit kein Problem,
doch wenn ich heut‘ davon erzähl‘,
ist mir, als sollte ich mich schäm‘.

Mein Herz schlug links die ganze Zeit;
ich hatte meinen Marx gelesen
und selbst gedacht, doch so befreit
bin ich die längste Zeit gewesen.

Denn heute wird mir diese Welt,
in der ich mich halbwegs auskannte,
mit neuen Regeln vollgestellt,
wo ich schon gegen Mauern rannte:

Was sag ich wann? Was lieber nicht?
Wer könnte sich beleidigt fühlen?
Wo zeig‘ ich besser kein Gesicht?
So sitz‘ ich zwischen allen Stühlen

und finde es im Grunde öd‘,
Sternchen und Gaps zu diskutieren,
weil wir dabei, und das ist blöd,
das Wesen aus dem Blick verlieren:

Ein jeder Mensch soll jeden lieben
dürfen, wenn's der andre mag,
und was die alten Denker schrieben,
ist das, was ich auch heute sag:

Was du nicht willst, dass man dir tu',
das füg' auch keinem andern zu,
und des Verstandes höchstes Gut:
Sich seiner zu bedienen voller Mut!

Eigentlich nichts Neues…

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