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Dienstag, 3. April 2012
Blindheit ist auch eine Gnade
zirkustiger, 22:17h
3. April
Ich weiß ja nicht, wie es euch damit geht – und es ist ja auch schon viel darüber gespottet worden, dass Justitia als Gallionsfigur unserer Rechtsprechung die Waage der Gerechtigkeit mit verbundenen Augen halten muss. Oder darf? Eine vieldeutige Metapher jedenfalls, die mir heute wieder in den Sinn kam, als ich im Radio die Nachricht hörte, in Berlin sei ein Brandstifter zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Wir erinnern uns gut an jene Brandserie, der im Vorjahr vor allem teure Autos in der Hauptstadt zum Opfer fielen. Die Ermittlungsbehörden hatten zunächst organisierte linke Terroristen im Verdacht, und einschlägig bekannte Politiker nutzten das Phantom sogleich für die Mahnung, nicht nur immer nach rechts zu schauen, wenn man die Demokratie durch kriminellen Terror bedroht wähne. Na ja, war dann doch nix mit der Anarchie; es war nur ein frustrierter Langzeitarbeitsloser, dem die blanken Nobelkarossen offenbar so ins Auge stachen, dass er ihnen die selbstgebastelten Brandsätze einfach unter die Radkästen legen musste. Als zweifelhafter Akt einer sehr subjektiv ausgleichenden Gerechtigkeit. Über hundert Fahrzeuge kommen auf sein Konto; da sah das hohe Gericht wohl schon die Flammen an den Fundamenten unserer Verfassung emporzüngeln und ließ das Gesetz in seiner ganzen Härte sprechen. Wobei nur die Geständigkeit des Mannes (ohne die ihm gar nichts hätte nachgewiesen werden können!) zur Milde dieser sieben Jahre beigetragen habe, wie es in der Urteilsbegründung heißt, die zudem genüsslich erwähnt, der Täter habe aus „Hass auf Reiche“ gehandelt. Dafür sieben Jahre; nun gut, ich will ja nicht sagen, dass ich das – für sich genommen – für unangemessen halte. Und als religiöser Mensch, so der Verteidiger, werde sein Mandant diese Zeit zur Buße nutzen.
Andererseits ist es nur wenige Tage her, da kam ein Berliner S-Bahn-Schläger, der sein Opfer in den Tod gehetzt hatte, mit zwei Jahren auf Bewährung davon. Die Staatsanwaltschaft hatte zwar eine Haftstrafe gefordert; der Richter kam aber zum Schluss, der Täter, der den Tod seines Opfers verursacht und billigend in Kauf genommen hat, verdiene die berühmte zweite Chance der Bewährung (in einschlägigen Kreisen wird so ein Urteil bekanntlich als Freispruch gefeiert).
Na ja, und an der Stelle ist Justitia dann sicher ganz froh, dass man ihr gnädig die Augen verbunden hat. Da muss sie nicht mit ansehen, wie sich im einen wie im andern Falle die Waage neigt. Aber wir sollten daraus unsere Schlüsse ziehen: Statt „Hass auf Reiche“ kommt nun ins Heckfenster des Autos doch besser der Aufkleber mit dem Spruch „Eure Armut kotzt mich an“. Und dann natürlich gut versichern die Karre - gegen Brandstiftung und Vandalismus!
Ich weiß ja nicht, wie es euch damit geht – und es ist ja auch schon viel darüber gespottet worden, dass Justitia als Gallionsfigur unserer Rechtsprechung die Waage der Gerechtigkeit mit verbundenen Augen halten muss. Oder darf? Eine vieldeutige Metapher jedenfalls, die mir heute wieder in den Sinn kam, als ich im Radio die Nachricht hörte, in Berlin sei ein Brandstifter zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Wir erinnern uns gut an jene Brandserie, der im Vorjahr vor allem teure Autos in der Hauptstadt zum Opfer fielen. Die Ermittlungsbehörden hatten zunächst organisierte linke Terroristen im Verdacht, und einschlägig bekannte Politiker nutzten das Phantom sogleich für die Mahnung, nicht nur immer nach rechts zu schauen, wenn man die Demokratie durch kriminellen Terror bedroht wähne. Na ja, war dann doch nix mit der Anarchie; es war nur ein frustrierter Langzeitarbeitsloser, dem die blanken Nobelkarossen offenbar so ins Auge stachen, dass er ihnen die selbstgebastelten Brandsätze einfach unter die Radkästen legen musste. Als zweifelhafter Akt einer sehr subjektiv ausgleichenden Gerechtigkeit. Über hundert Fahrzeuge kommen auf sein Konto; da sah das hohe Gericht wohl schon die Flammen an den Fundamenten unserer Verfassung emporzüngeln und ließ das Gesetz in seiner ganzen Härte sprechen. Wobei nur die Geständigkeit des Mannes (ohne die ihm gar nichts hätte nachgewiesen werden können!) zur Milde dieser sieben Jahre beigetragen habe, wie es in der Urteilsbegründung heißt, die zudem genüsslich erwähnt, der Täter habe aus „Hass auf Reiche“ gehandelt. Dafür sieben Jahre; nun gut, ich will ja nicht sagen, dass ich das – für sich genommen – für unangemessen halte. Und als religiöser Mensch, so der Verteidiger, werde sein Mandant diese Zeit zur Buße nutzen.
Andererseits ist es nur wenige Tage her, da kam ein Berliner S-Bahn-Schläger, der sein Opfer in den Tod gehetzt hatte, mit zwei Jahren auf Bewährung davon. Die Staatsanwaltschaft hatte zwar eine Haftstrafe gefordert; der Richter kam aber zum Schluss, der Täter, der den Tod seines Opfers verursacht und billigend in Kauf genommen hat, verdiene die berühmte zweite Chance der Bewährung (in einschlägigen Kreisen wird so ein Urteil bekanntlich als Freispruch gefeiert).
Na ja, und an der Stelle ist Justitia dann sicher ganz froh, dass man ihr gnädig die Augen verbunden hat. Da muss sie nicht mit ansehen, wie sich im einen wie im andern Falle die Waage neigt. Aber wir sollten daraus unsere Schlüsse ziehen: Statt „Hass auf Reiche“ kommt nun ins Heckfenster des Autos doch besser der Aufkleber mit dem Spruch „Eure Armut kotzt mich an“. Und dann natürlich gut versichern die Karre - gegen Brandstiftung und Vandalismus!
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