Freitag, 1. Februar 2013
Das Übel an der Wurzel packen!
Nun wächst endlich zusammen, was zusammen gehört: Die hohe mediale Wellen schlagende Sexismus-Debatte mit dem eilfertigen Bemühen, die Literatur (zumal jene für Kinder und Jugendliche) von diskriminierenden Begriffen und Wendungen zu säubern. Niemand will da abseits stehen, und auch ich will politisch korrekt sein und begebe mich auf die Pirsch. Und da habe ich einen ganz schlimmen Finger entdeckt, einen, der es irgendwie tatsächlich geschafft hat, sich einen klassischen Anstrich zu verpassen, obgleich er auch mit so zweideutigen Begriffen wie „Aufklärung“ oder gar „Sturm und Drang“ in Verbindung gebracht werden kann. Genau, Freunde – es geht um unser aller Goethe! Und es geht ihm (endlich!) an den literarischen Kragen…
„Und der wilde Knabe brach’s / Röslein auf der Heiden. / Röslein wehrte sich und stach, / half ihm doch kein Weh und Ach, / musst es eben leiden.“
Wer hat da nicht die schöne Melodie von Franz Schubert im Ohr, und auch ich habe die Worte schon als unschuldiger Knabe mit Inbrunst gesungen, ohne zu ahnen, welch sexistischen Frevels ich mich damit schuldig machte. Aber meine Eltern müssen es doch gewusst haben. Und meine Lehrer! Lehrerinnen!!!
Dem Johann Wolfgang ging es doch nicht um eine rein florale Kostbarkeit; welcher Knabe interessiert sich schon für Blumen?! Aber: Eine frische Blüte zu entblättern, notfalls mit Gewalt, das ist das tief in der maskulinen Potenz und Violenz wurzelnde Verlangen, das Goethen hier die verklemmte Feder führte. Defloration! Ein Wort, das alles sagt. Was soll‘s da noch der Worte mehr? Raus damit aus den Lesebüchern, Goethe auf den Index der Schund- und Schmutzliteratur, und damit endlich Raum schaffen für eine saubere, reine, hygienische und sittlich erbauende Literatur, die sich Rainer Brüderle unters Kopfkissen legen kann!

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