Samstag, 25. Februar 2012
Gefrorene Bilderfluten
zirkustiger, 14:51h
25. Februar
Ich weiß ja nicht, wie es euch damit geht – ich habe immer öfter das Gefühl, in einer Bilderflut zu versinken. Nein, nein, ich meine das gar nicht medienpädagogisch angesichts der allgegenwärtigen visuellen Schwemme, die uns aus diversen Bildschirmen entgegenströmt, sondern ganz selbstkritisch: Meine Bilderflut ist nämlich haus- und handgemacht. Sozusagen, denn die Hand (genauer mein rechter Zeigefinger) bedient ja den Auslöser meiner Digitalfotokamera, die ich dank großer Speicherkarte gern auf alles draufhalte, was mir irgendwie interessant, auffällig und des Merkens wert erscheint. Das ist auch gar nichts Neues, denn fotografiert hab ich schon immer gern. Aber eben doch anders – man erinnere sich an die Zeiten der 36-Aufnahmen-ORWO-Kleinbildfilme, wo man immer schon im Kopf mitrechnete, was das Entwickeln wieder kosten würde, sodass man sich erst mal die Negative genau anschaute und penibel auswählte, was dann wirklich den verdienten Weg ins Fotoalbum fand. Diese Alben liegen heute in der Kommode, und es fällt mir schon schwer, die 80 legitimierten Fotos vom ersten Tunesien-Urlaub nach der Wende am Stück anzuschauen. Dabei ist das nichts gegen heute! Die Bilder erleben eine Inflation ohnegleichen. Anfangs dachte ich noch: Na ja, ist ja schön, so eine große Auswahl zu haben, da setzt du dich einfach an den Computer, klickst alles durch und schmeißt das raus, was doppelt ist, verwackelt, unscharf oder sonstwie nichts geworden. Ja, denkste! Nach den ersten Stunden, die ich damit zugebracht habe, bin ich dazu übergegangen, erstmal alles abzuspeichern. In getrennten Ordnern. Die Dateien tragen alle Nummern, immerhin. Und irgendwann – so mein (Irr-?)Glaube – kommt die Zeit, da werde ich mich dransetzen und die ultimative Auswahl treffen. Wenn ich Rentner bin. – Mal ehrlich: Ich glaube das ja selber nicht. Zumal ich nicht weiß, wen diese ultimative Auswahl dann noch interessieren sollte.
Bestes Beispiel ist der aktuelle Anlass meines Nachdenkens: Der Eiswinter 2012. Wir hatten ja wirklich ein paar schweinekalte Tage. Knackige 20 Grad minus in der Nacht. Und was selten passiert, geschah: Die Saale fror zu. Von Tag zu Tag ein bisschen mehr. Das ist schon ein schöner Anblick, wenn sich am Tag dann ein eisblauer Himmel drüber wölbt und die flach stehende Sonne alles glitzern lässt. Da bin ich also jeden Tag los und habe fotografiert. Nach rechts und nach links, in der Totale und mit Zoom. Schließlich durfte mein Zeigefinger nicht einfrieren, also war er ständig in Bewegung. Und noch mal diese Perspektive durch die Brücke durch, und dann mit dem bereiften Zweig im Vordergrund. Das eingefrorene Schiff. Die Ente auf einem Bein. Und so weiter. Und am nächsten Tag noch mal von vorn…
Nun ist das Wetter umgeschlagen. „Vom Eise befreit sind Strom und Bäche…“ jubelt es poetisch in mir. Nach einem kurzen Rundgang an der wieder flüssigen Saale hellem Strande sitze ich am PC und lade die frostigen Bilder auf die Multimedia-Festplatte: 639 Dateien. Wow, das hätte ich nicht gedacht. Die Speicherkarte war doch nicht mal halb voll?! Ich klicke die ersten Bilder durch… Komisch, irgendwie sieht das immer gleich aus. Na ja, gut, Eis ist halt weiß. Der Himmel schön blau. Ab und zu ist es mir auch gelungen, ein paar Familienmitglieder ins Bild zu kriegen. Meist aber doch Eis, Enten, Himmel, Bäume. 639 mal. Na toll. Welches ist nun das ultimative Bild, das ich einst meinen noch ungeborenen Enkeln zeige, wenn sie fragen: Großvater, wie war das noch gleich, als im Februar 2012 die Saale zugefroren war…?! Tja eben – gute Frage!
Dabei ist doch viel spannender, wenn ich ihnen berichte, dass die Saale nicht mal in dem strengen Winter anno ’79 zugefroren war, als die DDR im Frost erstarrte: Zu viel Frostschutz-Chemie im Saale-Wasser, das benzolschillernd und schaumbekrönt der Vereisung trotzte. Und dass es nun sogar so fest zufriert, dass sich ein paar Leichtsinnige nicht abhalten lassen, den „Krug zum Grünen Kranze“ auf dem Eisweg zu besuchen! Dann rezitiere ich das pädagogische Lieblingsgedicht meiner Großmutter („Gefroren hat es heuer | noch gar kein festes Eis. | Das Büblein steht am Weiher | und sagt zu sich: Wer weiß…“). Und zeige vielleicht dieses eine Bild. Und lösche jetzt die übrigen 638 – delate!
Ich weiß ja nicht, wie es euch damit geht – ich habe immer öfter das Gefühl, in einer Bilderflut zu versinken. Nein, nein, ich meine das gar nicht medienpädagogisch angesichts der allgegenwärtigen visuellen Schwemme, die uns aus diversen Bildschirmen entgegenströmt, sondern ganz selbstkritisch: Meine Bilderflut ist nämlich haus- und handgemacht. Sozusagen, denn die Hand (genauer mein rechter Zeigefinger) bedient ja den Auslöser meiner Digitalfotokamera, die ich dank großer Speicherkarte gern auf alles draufhalte, was mir irgendwie interessant, auffällig und des Merkens wert erscheint. Das ist auch gar nichts Neues, denn fotografiert hab ich schon immer gern. Aber eben doch anders – man erinnere sich an die Zeiten der 36-Aufnahmen-ORWO-Kleinbildfilme, wo man immer schon im Kopf mitrechnete, was das Entwickeln wieder kosten würde, sodass man sich erst mal die Negative genau anschaute und penibel auswählte, was dann wirklich den verdienten Weg ins Fotoalbum fand. Diese Alben liegen heute in der Kommode, und es fällt mir schon schwer, die 80 legitimierten Fotos vom ersten Tunesien-Urlaub nach der Wende am Stück anzuschauen. Dabei ist das nichts gegen heute! Die Bilder erleben eine Inflation ohnegleichen. Anfangs dachte ich noch: Na ja, ist ja schön, so eine große Auswahl zu haben, da setzt du dich einfach an den Computer, klickst alles durch und schmeißt das raus, was doppelt ist, verwackelt, unscharf oder sonstwie nichts geworden. Ja, denkste! Nach den ersten Stunden, die ich damit zugebracht habe, bin ich dazu übergegangen, erstmal alles abzuspeichern. In getrennten Ordnern. Die Dateien tragen alle Nummern, immerhin. Und irgendwann – so mein (Irr-?)Glaube – kommt die Zeit, da werde ich mich dransetzen und die ultimative Auswahl treffen. Wenn ich Rentner bin. – Mal ehrlich: Ich glaube das ja selber nicht. Zumal ich nicht weiß, wen diese ultimative Auswahl dann noch interessieren sollte.
Bestes Beispiel ist der aktuelle Anlass meines Nachdenkens: Der Eiswinter 2012. Wir hatten ja wirklich ein paar schweinekalte Tage. Knackige 20 Grad minus in der Nacht. Und was selten passiert, geschah: Die Saale fror zu. Von Tag zu Tag ein bisschen mehr. Das ist schon ein schöner Anblick, wenn sich am Tag dann ein eisblauer Himmel drüber wölbt und die flach stehende Sonne alles glitzern lässt. Da bin ich also jeden Tag los und habe fotografiert. Nach rechts und nach links, in der Totale und mit Zoom. Schließlich durfte mein Zeigefinger nicht einfrieren, also war er ständig in Bewegung. Und noch mal diese Perspektive durch die Brücke durch, und dann mit dem bereiften Zweig im Vordergrund. Das eingefrorene Schiff. Die Ente auf einem Bein. Und so weiter. Und am nächsten Tag noch mal von vorn…
Nun ist das Wetter umgeschlagen. „Vom Eise befreit sind Strom und Bäche…“ jubelt es poetisch in mir. Nach einem kurzen Rundgang an der wieder flüssigen Saale hellem Strande sitze ich am PC und lade die frostigen Bilder auf die Multimedia-Festplatte: 639 Dateien. Wow, das hätte ich nicht gedacht. Die Speicherkarte war doch nicht mal halb voll?! Ich klicke die ersten Bilder durch… Komisch, irgendwie sieht das immer gleich aus. Na ja, gut, Eis ist halt weiß. Der Himmel schön blau. Ab und zu ist es mir auch gelungen, ein paar Familienmitglieder ins Bild zu kriegen. Meist aber doch Eis, Enten, Himmel, Bäume. 639 mal. Na toll. Welches ist nun das ultimative Bild, das ich einst meinen noch ungeborenen Enkeln zeige, wenn sie fragen: Großvater, wie war das noch gleich, als im Februar 2012 die Saale zugefroren war…?! Tja eben – gute Frage!
Dabei ist doch viel spannender, wenn ich ihnen berichte, dass die Saale nicht mal in dem strengen Winter anno ’79 zugefroren war, als die DDR im Frost erstarrte: Zu viel Frostschutz-Chemie im Saale-Wasser, das benzolschillernd und schaumbekrönt der Vereisung trotzte. Und dass es nun sogar so fest zufriert, dass sich ein paar Leichtsinnige nicht abhalten lassen, den „Krug zum Grünen Kranze“ auf dem Eisweg zu besuchen! Dann rezitiere ich das pädagogische Lieblingsgedicht meiner Großmutter („Gefroren hat es heuer | noch gar kein festes Eis. | Das Büblein steht am Weiher | und sagt zu sich: Wer weiß…“). Und zeige vielleicht dieses eine Bild. Und lösche jetzt die übrigen 638 – delate!
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