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Sonntag, 30. Juni 2013
Auch blinde Hühner können lachen
zirkustiger, 12:27h
Das wird ein sehr kurzer Blogeintrag, versprochen (zumal der letzte über mein Renft-Erlebnis ja ziemlich lang geraten ist, aber das musste halt mal gesagt werden). Nein, der aktuelle Gegenstand gibt da auch nicht mehr her als die paar Zeilen. Dennoch ist er amüsant und diese kurze Replik allemal wert. Also langer Rede…
Meine Heimatstadt beheimatet neben vielen netten und etlichen doofen Menschen auch einige wirklich schöne, so unter anderem eine „Miss Ostdeutschland“. Weil man von Schönheit allein bestenfalls eine kurze Weile leben kann, muss man das Eisen schmieden, solange es glüht. Also geht sie, die Miss O-D, nun moderierend auf Bühnen. Ihre Aussprache ist tatsächlich bemerkenswert ungeprägt vom Ur-Hallisch des Stadtteils Glaucha. So weit, so gut. Drauflosplaudern kann sie offenbar auch mit der Unbekümmertheit der späten Geburt. Auch das wäre also kaum der Erwähnung wert. Doch das alles (und darauf will ich ja eigentlich hinaus) stellt sie nun unter Beweis zur „zehnten XXL-Mallorca-Party auf dem Hühnerhof in Steuden“. Und darüber – mal ganz ehrlich – lachen ja sogar die Hühner. Oder?
Meine Heimatstadt beheimatet neben vielen netten und etlichen doofen Menschen auch einige wirklich schöne, so unter anderem eine „Miss Ostdeutschland“. Weil man von Schönheit allein bestenfalls eine kurze Weile leben kann, muss man das Eisen schmieden, solange es glüht. Also geht sie, die Miss O-D, nun moderierend auf Bühnen. Ihre Aussprache ist tatsächlich bemerkenswert ungeprägt vom Ur-Hallisch des Stadtteils Glaucha. So weit, so gut. Drauflosplaudern kann sie offenbar auch mit der Unbekümmertheit der späten Geburt. Auch das wäre also kaum der Erwähnung wert. Doch das alles (und darauf will ich ja eigentlich hinaus) stellt sie nun unter Beweis zur „zehnten XXL-Mallorca-Party auf dem Hühnerhof in Steuden“. Und darüber – mal ganz ehrlich – lachen ja sogar die Hühner. Oder?
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Samstag, 29. Juni 2013
Renft: Die Dekonstruktion einer Legende
zirkustiger, 15:41h
Ich bin kein gläubiger Mensch, zumindest nicht im religiösen Sinne. Doch gewisse Weisheiten aus dem biblischen Kontext haben ihre Berechtigung. Ein Jegliches habe seine Zeit, heißt es im Buch der Bücher (Prediger 3,1). Der Sinnspruch werde – weiß mein Zitatenlexikon – gern „bei Beerdigungen als tröstende Lesung genutzt“. Und obwohl es fast einer Beerdigung gleichkommt, tröstet mich das in diesem Falle nicht wirklich…
Ich war nämlich gestern beim Konzert einer Legende. Einer Ost-Legende, die vielen meiner Generationsgefährten (der heute um die 60-Jährigen) was bedeutet: Die Renft-Combo. Eingeladen war ins hallesche CAPITOL, das über einen großen und einen kleinen Konzertsaal verfügt. Schon als ich am großen Saal vorbei die Treppe zum kleinen Saal erklimmen musste, schwante mir nichts Gutes. Aber ein Konzerterlebnis wertet man ja nicht an der Quantität der Besucher. Hinterher wusste ich, dass all jene, die nicht dabei waren, es richtig gemacht haben. Sie haben aber auch etwas verpasst: Die Selbst-Dekonstruktion einer Legende…
Dass nur noch Thomas „Monster“ Schoppe dabei ist von jener legendären Combo, die 1975 von der Staatsmacht verboten wurde und quasi über Nacht aus den DDR-Beatlexika sowie den Playlists der DDR-Radiostationen verschwand, ist bekannt. Dass zahlreiche Schicksalsschläge hinzukommen, weiß der Eingeweihte auch: der Tod von Pjotr, von Pannach, von Cäsar und Jenny, ja letztlich auch der von Kutte Demmler, der Verlust des Gehörs bei Kuno, die endlosen Streitigkeiten der Vergangenheit, ob man nun am umjubelten Revival-Status der Nachwendezeit festhalten solle oder Neues wagen wolle und und und. Nunmehr also hält Monster nebst Pitti, Delle und Marcus allein noch die Renft-Fahne hoch: Ermutigung – trotz alledem! Doch tun sie sich damit einen Gefallen? Und uns? Oder gar der Erinnerung an Renft, an das, was die Jungs vor 40 Jahren geleistet haben in einem Land, dessen Lebensgefühl sie seinerzeit wohl mehr unbewusst erfassten und im alternativen Entwurf zu den FDJ-gehätschelten Puhdys an uns Jeans- und Parka-Träger weitergaben? Seit ich Renft 1973 in Weimar erstmals gehört hatte, wusste ich zumindest, was ich nicht wollte. Ein bisschen was von den Stones hatten sie, wenn ihr wisst, was ich meine.
Okay, alte Geschichten. Zurück zu gestern. Ein halb gefüllter kleiner Saal also, von der Vorband bereits ohrenbetäubend zugedröhnt. Dann kommen sie endlich, man rückt erwartungsvoll näher: Ein kleiner Kreis alter Freunde, die bedingungslos akzeptieren, was Monster & Co. abliefern werden, und ein kaum größerer Kreis an etwas ferneren Bekannten (wie ich), die überprüfen wollen, was noch stimmt vom alten Gefühl in mehrfach gewendeten Zeiten. Los geht’s mit „Wandersmann“, dann „Flüsse und Tränen“, von Monster als „Umweltsong“ angekündigt. Die Textbilder – einstmals nötig, um an der Zensur vorbei die Gleichgesinnten zu erreichen – wirken heute umständlich, aufgesetzt, irgendwie pseudo. Musikalisch kann man eigentlich nicht meckern, eigentlich: Jeder beherrscht sein Instrument. Aber wird daraus wirklich Musik in jenem filigranen, abwechslungsreichen Sinne, für den ich Renft einst geliebt habe? Monsters Stimme ist schon nach drei Titeln am Ende. Die 40 Jahre alten Stücke wurden seinerzeit für eine Stimmlage geschrieben, die nun, „da die Eier im Sack ein ganzes Stück tiefer hängen“ (O-Ton Kuno schon vor Jahren), unerreichbar ist. Zumal die Renft-Songs eben auch von der Unterschiedlichkeit der Solostimmen (Cäsar, Kuno und Monster) lebten. Nun will Monsters gequältes Organ das allein schaffen? Keine Chance. Auch Pittis Gitarre passt stilistisch irgendwie nicht rein. Dass er ein guter Gitarrist ist, weiß er. Ich weiß das auch. Dennoch vermisse ich den warmen, mitunter fast wehmütigen Ton von Cäsars Saitenspiel. Und die transparente Farbe der Akustikgitarre – seinerzeit meisterhaft von Kuno gespielt und von Monster ergänzt – bleibt komplett außen vor. Von Orgel und Piano ganz zu schweigen. „Wer die Rose ehrt“ kommt tatsächlich als Zugabe – ohne Orgel?! Delle Kriese und Marcus Schloussen machen ihre Rhythmus-/Bass-Arbeit grundsolide. Eigentlich reicht das ja aus, wenn sich darüber was entfaltet. Aber das passiert nicht. Monster tut mir zunehmend leid. Bei „Mama“ kräht er nur noch. Beim „Gänselieschen“ singt zum Glück das Publikum brav mit: „Unsre EllPehGeh hat hundert Gänse und ein Gänselieschen, das ist meins…“. Auch für mich ist das ein Abend zwischen Liebe und Zorn:„Revolution ist das Morgen schon im Heute / ist kein Bett und kein Thron für den Arsch zufriedner Leute…“; ja ja, das war seinerzeit sehr provokativ. Wir wussten, da waren die Funktionärchen gemeint, die sich ihre Privilegien gesichert hatten und darauf warteten, dass uns der Sozialismus vom Himmel falle. Heute klingt das merkwürdig fremd und fern. Vielleicht liegt es auch daran, dass Menschen unter 50 an diesem Abend im Publikum fehlen. Renft haben es nie geschafft, nach der Wende eine Brücke zu bauen von jenen Fans der ersten Stunde hin zu nachwachsenden Rohstoffen, also will sagen: zu nachwachsenden Generationen. Und weil die Alten nach und nach abtreten, läuft nun alles auf die biologische Lösung hinaus. Das ist bitter. „Freunde geht, das Fest ist aus, bleibt zusammen...“ heisert mir Monster noch nach, als ich schon die Flucht zum Ausgang antrete. Merkt er wenigstens, dass dieser Kreis immer kleiner wird? Und dass es höchste Zeit wäre, die Stimme an den Nagel zu hängen? Wie gesagt: Jegliches hat seine Zeit. Die von Renft als zeitgemäßes Live-Ereignis ist definitiv vorbei.
P.S. Monster hatte gestern auch Geburtstag, wirklich. Die Rotweinflaschen häuften sich auf der Bühne. Die alle in Ruhe auszutrinken wäre doch auch eine schöne Lebensaufgabe, wenn anderes vorüber ist…
Ich war nämlich gestern beim Konzert einer Legende. Einer Ost-Legende, die vielen meiner Generationsgefährten (der heute um die 60-Jährigen) was bedeutet: Die Renft-Combo. Eingeladen war ins hallesche CAPITOL, das über einen großen und einen kleinen Konzertsaal verfügt. Schon als ich am großen Saal vorbei die Treppe zum kleinen Saal erklimmen musste, schwante mir nichts Gutes. Aber ein Konzerterlebnis wertet man ja nicht an der Quantität der Besucher. Hinterher wusste ich, dass all jene, die nicht dabei waren, es richtig gemacht haben. Sie haben aber auch etwas verpasst: Die Selbst-Dekonstruktion einer Legende…
Dass nur noch Thomas „Monster“ Schoppe dabei ist von jener legendären Combo, die 1975 von der Staatsmacht verboten wurde und quasi über Nacht aus den DDR-Beatlexika sowie den Playlists der DDR-Radiostationen verschwand, ist bekannt. Dass zahlreiche Schicksalsschläge hinzukommen, weiß der Eingeweihte auch: der Tod von Pjotr, von Pannach, von Cäsar und Jenny, ja letztlich auch der von Kutte Demmler, der Verlust des Gehörs bei Kuno, die endlosen Streitigkeiten der Vergangenheit, ob man nun am umjubelten Revival-Status der Nachwendezeit festhalten solle oder Neues wagen wolle und und und. Nunmehr also hält Monster nebst Pitti, Delle und Marcus allein noch die Renft-Fahne hoch: Ermutigung – trotz alledem! Doch tun sie sich damit einen Gefallen? Und uns? Oder gar der Erinnerung an Renft, an das, was die Jungs vor 40 Jahren geleistet haben in einem Land, dessen Lebensgefühl sie seinerzeit wohl mehr unbewusst erfassten und im alternativen Entwurf zu den FDJ-gehätschelten Puhdys an uns Jeans- und Parka-Träger weitergaben? Seit ich Renft 1973 in Weimar erstmals gehört hatte, wusste ich zumindest, was ich nicht wollte. Ein bisschen was von den Stones hatten sie, wenn ihr wisst, was ich meine.
Okay, alte Geschichten. Zurück zu gestern. Ein halb gefüllter kleiner Saal also, von der Vorband bereits ohrenbetäubend zugedröhnt. Dann kommen sie endlich, man rückt erwartungsvoll näher: Ein kleiner Kreis alter Freunde, die bedingungslos akzeptieren, was Monster & Co. abliefern werden, und ein kaum größerer Kreis an etwas ferneren Bekannten (wie ich), die überprüfen wollen, was noch stimmt vom alten Gefühl in mehrfach gewendeten Zeiten. Los geht’s mit „Wandersmann“, dann „Flüsse und Tränen“, von Monster als „Umweltsong“ angekündigt. Die Textbilder – einstmals nötig, um an der Zensur vorbei die Gleichgesinnten zu erreichen – wirken heute umständlich, aufgesetzt, irgendwie pseudo. Musikalisch kann man eigentlich nicht meckern, eigentlich: Jeder beherrscht sein Instrument. Aber wird daraus wirklich Musik in jenem filigranen, abwechslungsreichen Sinne, für den ich Renft einst geliebt habe? Monsters Stimme ist schon nach drei Titeln am Ende. Die 40 Jahre alten Stücke wurden seinerzeit für eine Stimmlage geschrieben, die nun, „da die Eier im Sack ein ganzes Stück tiefer hängen“ (O-Ton Kuno schon vor Jahren), unerreichbar ist. Zumal die Renft-Songs eben auch von der Unterschiedlichkeit der Solostimmen (Cäsar, Kuno und Monster) lebten. Nun will Monsters gequältes Organ das allein schaffen? Keine Chance. Auch Pittis Gitarre passt stilistisch irgendwie nicht rein. Dass er ein guter Gitarrist ist, weiß er. Ich weiß das auch. Dennoch vermisse ich den warmen, mitunter fast wehmütigen Ton von Cäsars Saitenspiel. Und die transparente Farbe der Akustikgitarre – seinerzeit meisterhaft von Kuno gespielt und von Monster ergänzt – bleibt komplett außen vor. Von Orgel und Piano ganz zu schweigen. „Wer die Rose ehrt“ kommt tatsächlich als Zugabe – ohne Orgel?! Delle Kriese und Marcus Schloussen machen ihre Rhythmus-/Bass-Arbeit grundsolide. Eigentlich reicht das ja aus, wenn sich darüber was entfaltet. Aber das passiert nicht. Monster tut mir zunehmend leid. Bei „Mama“ kräht er nur noch. Beim „Gänselieschen“ singt zum Glück das Publikum brav mit: „Unsre EllPehGeh hat hundert Gänse und ein Gänselieschen, das ist meins…“. Auch für mich ist das ein Abend zwischen Liebe und Zorn:„Revolution ist das Morgen schon im Heute / ist kein Bett und kein Thron für den Arsch zufriedner Leute…“; ja ja, das war seinerzeit sehr provokativ. Wir wussten, da waren die Funktionärchen gemeint, die sich ihre Privilegien gesichert hatten und darauf warteten, dass uns der Sozialismus vom Himmel falle. Heute klingt das merkwürdig fremd und fern. Vielleicht liegt es auch daran, dass Menschen unter 50 an diesem Abend im Publikum fehlen. Renft haben es nie geschafft, nach der Wende eine Brücke zu bauen von jenen Fans der ersten Stunde hin zu nachwachsenden Rohstoffen, also will sagen: zu nachwachsenden Generationen. Und weil die Alten nach und nach abtreten, läuft nun alles auf die biologische Lösung hinaus. Das ist bitter. „Freunde geht, das Fest ist aus, bleibt zusammen...“ heisert mir Monster noch nach, als ich schon die Flucht zum Ausgang antrete. Merkt er wenigstens, dass dieser Kreis immer kleiner wird? Und dass es höchste Zeit wäre, die Stimme an den Nagel zu hängen? Wie gesagt: Jegliches hat seine Zeit. Die von Renft als zeitgemäßes Live-Ereignis ist definitiv vorbei.
P.S. Monster hatte gestern auch Geburtstag, wirklich. Die Rotweinflaschen häuften sich auf der Bühne. Die alle in Ruhe auszutrinken wäre doch auch eine schöne Lebensaufgabe, wenn anderes vorüber ist…
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Dienstag, 25. Juni 2013
Das Kreuz mit den Kreuzen
zirkustiger, 09:47h
Vorab: Nein, ich habe kein SPD-Parteibuch in der Tasche. Und ich finde auch nicht alles toll, was die Genossen der ältesten Partei in deutschen Landen da im aktuellen Wahlkampf verkünden und ihrem kantigen Kandidaten Peer Steinbrück als Hypothek mitgeben. Aber nachdem nun die christdemokratischen Schwesterparteien ihr Wahlprogramm (das sich gleich mal vollmundig Regierungsprogramm nennt) veröffentlicht haben, muss ich jegliche Zurückhaltung aufgeben und doch mal fragen, wie bescheuert wir – das Wahlvolk – eigentlich sind. Da verkauft uns Frau Merkel mit treuem Dackelblick diverse Leckerlis (werbewirksam vor allem für Frauen, Familien und Kinder), die aber auch in keinem einzigen Falle durch seriöse Finanzierungsmodelle abgesichert sind. Das alles gebe es nämlich nur nach Finanzierungsvorbehalt, wie es technokratisch heißt, und: Nein, Steuererhöhungen werde es mit ihr nicht geben, versichert die mächtigste Frau der Welt (das behaupte nicht ich, sondern wieder mal das Forbes Magazine!) rasch und beruhigt damit ihre besorgte Wählerklientel. Zugleich baut sie jenen aufgeschreckten Rot-Grün-Wählern eine Brücke, die von Steinbrück vorgerechnet bekommen, dass ein flächendeckender Mindestlohn nicht einfach mal so als Wahlgeschenk zu haben ist. Erhöhung des Spitzensteuersatzes, sagt der SPD-Hoffnungsträger trotzig in die ZDF-Kamera, und schon zucken wir zusammen. Und dazu eine Transaktionssteuer auf riskante Bankgeschäfte. Auch eine Vermögenssteuer sei nicht auszuschließen. Nun sind wir endgültig erledigt und danken der Mutter der Nation, die solche bösen Worte nur in den Mund nimmt, um sie ihren politischen Herausforderern ins Gesicht zu spucken, auf dass sie an jenen kleben bleiben wie abschreckende Pestmale: Bloß nicht zu nahe kommen! Sonst droht nämlich die Gefahr, sich an der Erkenntnis anzustecken, dass diese steuerpolitischen Maßnahmen, die das SPD-Programm zur Absicherung der (übrigens ganz ähnlich klingenden) Pläne im Erfolgsfalle ankündigt, im „schlimmsten“ Szenario ganze fünf Prozent des Wahlvolkes betreffen würden. Noch dazu jenes Zwanzigstel, das diesen solidarischen Aderlass auch verkraften könnte, ohne danach an Blutarmut zu verenden. Aber solange wir immer weitermerkeln, merken wir das halt nicht – leider…
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Donnerstag, 9. Mai 2013
Über Nessi, Maiböcke und die Himmelfahrt der SPD
zirkustiger, 15:42h
Hoppla, habe ich was verpasst? Ein paar Wochen verschlafen vielleicht? Oder haben nur die ersten warmen Tage die SPD dazu verführt, bereits den Sommer auszurufen?! Und damit das obligate Sommerloch. Und gleich noch eines der neben dem Ungeheuer vom Loch Ness beliebtesten Sommerloch-Themen hervorzuholen, mit denen man die Zeit trefflich totschlagen kann: Die Diskussion um eine Tempo-Limit auf Deutschlands Autobahnen…
Wie kann man nur, reibt man sich verwundert die Augen, wie kann man nur ein knappes halbes Jahr vor der Bundestagswahl noch so ein Fass aufmachen? Vielleicht hat die CDU ja doch einen Maulwurf in die Wahlkampfzentrale der Genossen eingeschleust, der nun ganze Arbeit leistet, nachdem er zuvor Peer Steinbrück schon einen Fauxpas nach dem anderen soufflierte: Nun tritt Parteichef Sigmar Gabriel auf und ein für Tempo 120! Ein politisch geradezu suizidaler Vorschlag, wie man weiß im einzigen Staate der Welt, in dem freie Bürger noch freie Straßen untern die Pneus nehmen dürfen. Damit mich niemand falsch versteht: Ich befürworte die Idee ausdrücklich und würde mich sogar weitgehend dran halten, zumal mein Auto bei diesem Tempo genau in Balance zwischen ruhig summendem Motor, gemütlicher Straßenlage und geringstem Verbrauch zu sein scheint. Aber ich weiß natürlich, dass das Illusion ist und – wenn überhaupt – dann dem individuellen Protest Einzelner gegenüber dem BMW-, Audi-, MB- oder Porsche-Gedröhne auf der linken Fahrspur vorbehalten bleibt (ohne die GTI-Piloten übersehen bzw. überhören zu wollen).
Nee, nee, lieber Sigmar, da macht kein Wahlvolk mit. Das besteht zum gefühlten Großteil aus Autofahrern und Autobauern und Autoverkäufern und somit also aus Experten, die alle nachweisen können, dass sowas überhaupt keinen Sinn macht (wenn man Sinn überhaupt machen kann, was wir hier mal sprachlich außer Acht lassen wollen). Womöglich würden Manager und Politiker künftig, statt ihren A8 quattro oder die E-Klasse in den Tiefflugmodus zu versetzen, auf die Bahn umsteigen? Dann müsste die ihre ICEs mit Tempo 400 ja womöglich pünktlicher (und deren Klimaanlagen wie Bremsen zuverlässiger) machen – nicht auszudenken! Oder man würde gar auf die eine oder andere Fahrt verzichten und Freiheit lieber auf Balkonien genießen?
Vielleicht ist alles nur eine Spontanreaktion von Gabriel auf seinen neuen Wohnort im Osten – die Autobahnen rund um Magdeburg sollte und kann man in alle möglichen Himmelsrichtungen ja eigentlich nur mit 120 befahren. Da schließt man schnell vom nahe liegend Konkreten aufs große Ganze; ein induktives Verfahren, wie man aus der Logik weiß. Oder der Sigmar von der SPD ist auch nur ein Mann und hat sich gedacht, haue ich doch mal rasch noch vor Himmelfahrt so einen Bolzen raus, da haben die Jungs vorm Bollerwagen (Tempo 4 – 2 km/h) wenigstens ein Gesprächsthema, das bei allem Für und Wider immerhin mit uns zu tun. Wenn schon ein Bock geschossen wird, dann doch wenigstens ein Mai-Bock…
… meint der Zirkustiger!
Wie kann man nur, reibt man sich verwundert die Augen, wie kann man nur ein knappes halbes Jahr vor der Bundestagswahl noch so ein Fass aufmachen? Vielleicht hat die CDU ja doch einen Maulwurf in die Wahlkampfzentrale der Genossen eingeschleust, der nun ganze Arbeit leistet, nachdem er zuvor Peer Steinbrück schon einen Fauxpas nach dem anderen soufflierte: Nun tritt Parteichef Sigmar Gabriel auf und ein für Tempo 120! Ein politisch geradezu suizidaler Vorschlag, wie man weiß im einzigen Staate der Welt, in dem freie Bürger noch freie Straßen untern die Pneus nehmen dürfen. Damit mich niemand falsch versteht: Ich befürworte die Idee ausdrücklich und würde mich sogar weitgehend dran halten, zumal mein Auto bei diesem Tempo genau in Balance zwischen ruhig summendem Motor, gemütlicher Straßenlage und geringstem Verbrauch zu sein scheint. Aber ich weiß natürlich, dass das Illusion ist und – wenn überhaupt – dann dem individuellen Protest Einzelner gegenüber dem BMW-, Audi-, MB- oder Porsche-Gedröhne auf der linken Fahrspur vorbehalten bleibt (ohne die GTI-Piloten übersehen bzw. überhören zu wollen).
Nee, nee, lieber Sigmar, da macht kein Wahlvolk mit. Das besteht zum gefühlten Großteil aus Autofahrern und Autobauern und Autoverkäufern und somit also aus Experten, die alle nachweisen können, dass sowas überhaupt keinen Sinn macht (wenn man Sinn überhaupt machen kann, was wir hier mal sprachlich außer Acht lassen wollen). Womöglich würden Manager und Politiker künftig, statt ihren A8 quattro oder die E-Klasse in den Tiefflugmodus zu versetzen, auf die Bahn umsteigen? Dann müsste die ihre ICEs mit Tempo 400 ja womöglich pünktlicher (und deren Klimaanlagen wie Bremsen zuverlässiger) machen – nicht auszudenken! Oder man würde gar auf die eine oder andere Fahrt verzichten und Freiheit lieber auf Balkonien genießen?
Vielleicht ist alles nur eine Spontanreaktion von Gabriel auf seinen neuen Wohnort im Osten – die Autobahnen rund um Magdeburg sollte und kann man in alle möglichen Himmelsrichtungen ja eigentlich nur mit 120 befahren. Da schließt man schnell vom nahe liegend Konkreten aufs große Ganze; ein induktives Verfahren, wie man aus der Logik weiß. Oder der Sigmar von der SPD ist auch nur ein Mann und hat sich gedacht, haue ich doch mal rasch noch vor Himmelfahrt so einen Bolzen raus, da haben die Jungs vorm Bollerwagen (Tempo 4 – 2 km/h) wenigstens ein Gesprächsthema, das bei allem Für und Wider immerhin mit uns zu tun. Wenn schon ein Bock geschossen wird, dann doch wenigstens ein Mai-Bock…
… meint der Zirkustiger!
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Samstag, 20. April 2013
Regieren ist doch keine Kunst...
zirkustiger, 11:39h
Sachsen-Anhalt, das ist da, wo man laut Statistik früher aufsteht. Und weil dieser Slogan zum Rohrkrepierer wurde, wird ein neuer gesucht. „Sexy und ausgeschlafen“ ist zum Beispiel im Angebot. Na ja, ich weiß nicht recht. Vielleicht doch eher: „Hier regiert noch der Herr im Hause“! Oder: „Willkommen in der Spar-Diktatur“?! Und besser noch: „Wer meckert, fliegt…“
Freitagmittag erfährt die Wissenschaftsministerin Birgitta Wolff (CDU) bei einem Außentermin per Telefon, dass CDU-Ministerpräsident Haseloff (der Begriff „Parteifreund“ passt nicht so recht) sie soeben entlassen habe. Ein Nachfolger war da bereits aus dem Hut gezaubert: Hartmut Möllring, der in Niedersachsen unter dem smarten CDU-Schotten einiges kaputtsparen durfte. „Wir alle sind nur Menschen“, wird Haseloff in der Presse zitiert. Was will er damit sagen? Dass es Menschen gibt, die einer argumentativen Auseinandersetzung mit einer abweichenden Meinung, bei der sich beider Positionen verändern müssten, dadurch aus dem Wege gehen, dass sie einfach den anderen aus dem Wege räumen? Die Gutsherrenart in Sachsen-Anhalt nimmt langsam diktatorische Züge an. Die unheilige Allianz zwischen Finanzminister Bullerjahn (SPD) und Ministerpräsident Haseloff beraubt das Land seiner attraktiven Aushängeschilder im Hochschulbereich. Nicht, dass dort nicht gespart werden könnte. Das kann es, und das muss es, und das wollen ja auch die Hochschulen selbst. Aber nicht ohne Augenmaß und Prüfung der konkreten Bedingungen, sondern in einem Dialog auf Augenhöhe. Dazu sind Haseloff und Bullerjahn ganz offensichtlich nicht fähig. Von Kanzel und Thron herab wird regiert, nicht anders. Und wer da querschießt wie Frau Wolff, die am Kabinettstisch wohl zu lange stillgehalten hat und sich nach eigener Aussage nun aber nicht mehr verbiegen könne, der muss raus aus dem Team. Als ob das noch ein Teamspiel wäre…
Birgitta Wolff findet sich – als Wirtschaftsprofessorin der Uni Magdeburg – nun wieder auf der anderen Seite der Barrikade ein. Und im Land werden weiter Löcher gestopft, indem andere gerissen werden. Wer hat eigentlich eine siebenjährige Legislatur beschlossen? Wann ist hier endlich die nächste Wahl…?!
Freitagmittag erfährt die Wissenschaftsministerin Birgitta Wolff (CDU) bei einem Außentermin per Telefon, dass CDU-Ministerpräsident Haseloff (der Begriff „Parteifreund“ passt nicht so recht) sie soeben entlassen habe. Ein Nachfolger war da bereits aus dem Hut gezaubert: Hartmut Möllring, der in Niedersachsen unter dem smarten CDU-Schotten einiges kaputtsparen durfte. „Wir alle sind nur Menschen“, wird Haseloff in der Presse zitiert. Was will er damit sagen? Dass es Menschen gibt, die einer argumentativen Auseinandersetzung mit einer abweichenden Meinung, bei der sich beider Positionen verändern müssten, dadurch aus dem Wege gehen, dass sie einfach den anderen aus dem Wege räumen? Die Gutsherrenart in Sachsen-Anhalt nimmt langsam diktatorische Züge an. Die unheilige Allianz zwischen Finanzminister Bullerjahn (SPD) und Ministerpräsident Haseloff beraubt das Land seiner attraktiven Aushängeschilder im Hochschulbereich. Nicht, dass dort nicht gespart werden könnte. Das kann es, und das muss es, und das wollen ja auch die Hochschulen selbst. Aber nicht ohne Augenmaß und Prüfung der konkreten Bedingungen, sondern in einem Dialog auf Augenhöhe. Dazu sind Haseloff und Bullerjahn ganz offensichtlich nicht fähig. Von Kanzel und Thron herab wird regiert, nicht anders. Und wer da querschießt wie Frau Wolff, die am Kabinettstisch wohl zu lange stillgehalten hat und sich nach eigener Aussage nun aber nicht mehr verbiegen könne, der muss raus aus dem Team. Als ob das noch ein Teamspiel wäre…
Birgitta Wolff findet sich – als Wirtschaftsprofessorin der Uni Magdeburg – nun wieder auf der anderen Seite der Barrikade ein. Und im Land werden weiter Löcher gestopft, indem andere gerissen werden. Wer hat eigentlich eine siebenjährige Legislatur beschlossen? Wann ist hier endlich die nächste Wahl…?!
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Dienstag, 19. Februar 2013
Lieber guter Weihnachtsmann...
zirkustiger, 17:10h
Wie schade, dass Müllmänner keine Landesbediensteten sind. Und Beamte – wie die Polizei – dürfen ja sowieso nicht streiken. Da sind die gewerkschaftlichen Druckmittel im aktuellen Arbeitskampf des Öffentlichen Dienstes (Tarifvertrag der Länder) relativ gering. Einzige Kampfreserve – die Lehrerschaft. Aber wen jucken schon deren Trillerpfeifen; Politiker augenscheinlich nicht. Zum Verhandlungsführer der Arbeitgeberseite wurde Sachsen-Anhalts Finanzminister Jens Bullerjahn bestallt, und der hat ja häufiger schon mal durchblicken lassen, was er von Lehrern hält… (vgl. auch meinen Blog-Eintrag vom 13. November 2012): Die sollen gefälligst ein paar Stunden mehr arbeiten, um dem drohenden Lehrermangel im Osten entgegenzuwirken, und nicht nach (noch) mehr Geld schreien. Sechseinhalb Prozent – von wegen! Da kann der Magdeburger Sparfuchs nur müde abwinken. In einem Interview mit der Mitteldeutschen Zeitung vom 16. Februar (auf www.mz-web.de nachzulesen) macht er keinen Hehl aus seiner Meinung: Warnstreiks seien zwar das gute Recht der Gewerkschaften, aber eigentlich ein hohles Ritual, einen eigenen Vorschlag als Antwort auf die gewerkschaftlichen Forderungen hält der Bullermann für überflüssigen Quatsch, und die Krone setzt er sich auf mit dem Vergleich (Zitat!): „Wenn Ihre Kinder einen Wunschzettel zu Weihnachten schreiben, schreiben Sie doch auch nicht einen Wunschzettel zurück…“. Das also ist die Weltsicht eines SPD-Ministers: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst des Landes als unmündige Kinderlein, die vielleicht einen Wunschzettel schreiben, aber keineswegs damit rechnen dürfen, dass der liebe gute Weihnachtsmann Jens B. ihnen diesen erfüllt. Eigentlich müssten sie wohl noch dankbar sein, dass er nicht die Rute rausholt, der ruppige Knecht.
Da kann ich nur hoffen, dass die Lehrerinnen und Lehrer sich ein bisschen was von der viel beschworenen Aufmüpfigkeit ihrer Schülerinnen und Schüler abschauen, um dem Möchtegern-Landes-Papa in spe mal deutlich die Meinung zu geigen. Schön klingen muss das nicht…
Da kann ich nur hoffen, dass die Lehrerinnen und Lehrer sich ein bisschen was von der viel beschworenen Aufmüpfigkeit ihrer Schülerinnen und Schüler abschauen, um dem Möchtegern-Landes-Papa in spe mal deutlich die Meinung zu geigen. Schön klingen muss das nicht…
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Freitag, 1. Februar 2013
Das Übel an der Wurzel packen!
zirkustiger, 08:37h
Nun wächst endlich zusammen, was zusammen gehört: Die hohe mediale Wellen schlagende Sexismus-Debatte mit dem eilfertigen Bemühen, die Literatur (zumal jene für Kinder und Jugendliche) von diskriminierenden Begriffen und Wendungen zu säubern. Niemand will da abseits stehen, und auch ich will politisch korrekt sein und begebe mich auf die Pirsch. Und da habe ich einen ganz schlimmen Finger entdeckt, einen, der es irgendwie tatsächlich geschafft hat, sich einen klassischen Anstrich zu verpassen, obgleich er auch mit so zweideutigen Begriffen wie „Aufklärung“ oder gar „Sturm und Drang“ in Verbindung gebracht werden kann. Genau, Freunde – es geht um unser aller Goethe! Und es geht ihm (endlich!) an den literarischen Kragen…
„Und der wilde Knabe brach’s / Röslein auf der Heiden. / Röslein wehrte sich und stach, / half ihm doch kein Weh und Ach, / musst es eben leiden.“
Wer hat da nicht die schöne Melodie von Franz Schubert im Ohr, und auch ich habe die Worte schon als unschuldiger Knabe mit Inbrunst gesungen, ohne zu ahnen, welch sexistischen Frevels ich mich damit schuldig machte. Aber meine Eltern müssen es doch gewusst haben. Und meine Lehrer! Lehrerinnen!!!
Dem Johann Wolfgang ging es doch nicht um eine rein florale Kostbarkeit; welcher Knabe interessiert sich schon für Blumen?! Aber: Eine frische Blüte zu entblättern, notfalls mit Gewalt, das ist das tief in der maskulinen Potenz und Violenz wurzelnde Verlangen, das Goethen hier die verklemmte Feder führte. Defloration! Ein Wort, das alles sagt. Was soll‘s da noch der Worte mehr? Raus damit aus den Lesebüchern, Goethe auf den Index der Schund- und Schmutzliteratur, und damit endlich Raum schaffen für eine saubere, reine, hygienische und sittlich erbauende Literatur, die sich Rainer Brüderle unters Kopfkissen legen kann!
„Und der wilde Knabe brach’s / Röslein auf der Heiden. / Röslein wehrte sich und stach, / half ihm doch kein Weh und Ach, / musst es eben leiden.“
Wer hat da nicht die schöne Melodie von Franz Schubert im Ohr, und auch ich habe die Worte schon als unschuldiger Knabe mit Inbrunst gesungen, ohne zu ahnen, welch sexistischen Frevels ich mich damit schuldig machte. Aber meine Eltern müssen es doch gewusst haben. Und meine Lehrer! Lehrerinnen!!!
Dem Johann Wolfgang ging es doch nicht um eine rein florale Kostbarkeit; welcher Knabe interessiert sich schon für Blumen?! Aber: Eine frische Blüte zu entblättern, notfalls mit Gewalt, das ist das tief in der maskulinen Potenz und Violenz wurzelnde Verlangen, das Goethen hier die verklemmte Feder führte. Defloration! Ein Wort, das alles sagt. Was soll‘s da noch der Worte mehr? Raus damit aus den Lesebüchern, Goethe auf den Index der Schund- und Schmutzliteratur, und damit endlich Raum schaffen für eine saubere, reine, hygienische und sittlich erbauende Literatur, die sich Rainer Brüderle unters Kopfkissen legen kann!
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Dienstag, 13. November 2012
Aufforderung zum Rücktritt
zirkustiger, 21:42h
„Über Deutschland lacht die Sonne – über Sachsen-Anhalt die ganze Welt…“ - der nette Spruch, ganz sicher geprägt von wenig wohlmeinenden Spät-Aufstehern, erfährt mal wieder einen schlagenden Beweis seiner Berechtigung, leider. Verursacher – und auch das ist ebenso bezeichnend wie bedauerlich: Das Landeskabinett. Genauer: Der Vize-Chef ganz oben, Jens Bullerjahn, seines Zeichens Finanzminister mit SPD-Parteibuch, was insofern eine Rolle spielt, als ihm die als SPD-nah geltende Lehrergewerkschaft GEW die Zahlen, die er nun selbst kleinlaut zugeben muss, schon vor Jahren überdeutlich ins Kontoführungsbuch geschrieben hat.
Es geht um die künftigen Lehrer- und Schülerzahlen im Bindestrich-Land zwischen Arendsee und Zeitz. Nachdem Herr Bullerjahn (seinem Namen alle Ehre machend) noch in der Vorwoche an der Seite seines CDU-Landesbosses Haseloff lauthals dahertönte, das Land müsse weiter Personal sparen, vor allem bei der Polizei und der Lehrerschaft, rudert er nun bei letzteren zurück: Die Zahlen, die ihm dazu vorlagen, hätten nicht gestimmt. Die richtigen hat nun eine hochbezahlte interministerielle Arbeitsgruppe ausgezählt und durchgerechnet, um zum selben Ergebnis zu kommen, das nicht nur der Gewerkschaft seit Jahren Sorgen bereitet: Dass nämlich an den Schulen in einigen Jahren durch Teilzeit und Ruhestand ein gravierender Lehrermangel im vierstelligen Bereich droht! Und dass gleichzeitig die Schülerzahlen im nächsten Jahrzehnt nicht etwa sinken, sondern leicht ansteigen werden.
Zwar wurden im letzten Jahr – endlich! – die Einstellungskorridore (man spreche besser vom Nadelöhr) für Lehramtsanwärter erweitert und dazu deren Ausbildungszeit verkürzt, was das Symptom an der Oberfläche, keineswegs aber das Übel an der Wurzel packt, denn die Ausbildungskapazität der einzigen lehrerbildenden Universität des Landes in Halle kann gar nicht jene Anzahl an Lehramtsstudenten durchschleusen, die nötig wären, um die drohenden Löcher halbwegs zu stopfen. Selbst inzwischen im Glanz verblichene Kultusminister/-innen hatten vor Jahren bereits den Finanzminister (der da übrigens auch schon Bullerjahn hieß) aufgefordert, das Personalentwicklungskonzept des Landes zu überdenken und unseren Kindern das zu sichern, was sie angeblich für ihre Zukunftsperspektive am wichtigsten brauchen: eine gute Schulbildung nämlich. Das hat der mächtige SPD-Mann schon damals abgeschmettert, als der Kultusminister noch nicht aus dem eigenen Parteistall kam. Inzwischen kracht es nun im SPD-Gebälk: Stephan Dorgerloh, seit gut einem Jahr im Amt, hat das gleiche Parteibuch in der Tasche wie Bullerjahn. Dass dennoch ein Finanzminister am Kabinettstisch schwerer wiegt als Kultur und Bildung zusammengenommen, ist allerdings eine …zigfach bewiesene deutsche Wahrheit. Ebenso wahr ist aber auch, dass ein Finanzminister, der nicht rechnen kann und der wider besseres Wissen jahrelang mit falschen Zahlen jongliert, in diesem Amte nichts zu suchen hat.
Allerdings hat Herr Bullerjahn nun auch Konzepte parat, wie dem jetzt zähneknirschend zugegebenen Personalmangel in der Lehrerschaft begegnet werden könne: Die faulen Säcke, die ohnehin jeden Nachmittag frei haben, sollten doch künftig 27 (statt bisher 26) Wochenstunden vor ihren lieben Kinderchen stehen… Prima Idee! Dann hätten sie in den verbleibenden 13 Stunden einer ordentlichen Arbeitswoche im öffentlichen Dienst immer noch massig Zeit, Streife zu laufen, denn wahrscheinlich hat Bullerjahn auch bei der Polizei falsch gezählt. Ich jedenfalls schlage vor, dass der Rotstift bei Herrn Bullerjahn direkt angesetzt wird und nicht etwa bei den hilflosen Hütern dieser Ordnung…
Es geht um die künftigen Lehrer- und Schülerzahlen im Bindestrich-Land zwischen Arendsee und Zeitz. Nachdem Herr Bullerjahn (seinem Namen alle Ehre machend) noch in der Vorwoche an der Seite seines CDU-Landesbosses Haseloff lauthals dahertönte, das Land müsse weiter Personal sparen, vor allem bei der Polizei und der Lehrerschaft, rudert er nun bei letzteren zurück: Die Zahlen, die ihm dazu vorlagen, hätten nicht gestimmt. Die richtigen hat nun eine hochbezahlte interministerielle Arbeitsgruppe ausgezählt und durchgerechnet, um zum selben Ergebnis zu kommen, das nicht nur der Gewerkschaft seit Jahren Sorgen bereitet: Dass nämlich an den Schulen in einigen Jahren durch Teilzeit und Ruhestand ein gravierender Lehrermangel im vierstelligen Bereich droht! Und dass gleichzeitig die Schülerzahlen im nächsten Jahrzehnt nicht etwa sinken, sondern leicht ansteigen werden.
Zwar wurden im letzten Jahr – endlich! – die Einstellungskorridore (man spreche besser vom Nadelöhr) für Lehramtsanwärter erweitert und dazu deren Ausbildungszeit verkürzt, was das Symptom an der Oberfläche, keineswegs aber das Übel an der Wurzel packt, denn die Ausbildungskapazität der einzigen lehrerbildenden Universität des Landes in Halle kann gar nicht jene Anzahl an Lehramtsstudenten durchschleusen, die nötig wären, um die drohenden Löcher halbwegs zu stopfen. Selbst inzwischen im Glanz verblichene Kultusminister/-innen hatten vor Jahren bereits den Finanzminister (der da übrigens auch schon Bullerjahn hieß) aufgefordert, das Personalentwicklungskonzept des Landes zu überdenken und unseren Kindern das zu sichern, was sie angeblich für ihre Zukunftsperspektive am wichtigsten brauchen: eine gute Schulbildung nämlich. Das hat der mächtige SPD-Mann schon damals abgeschmettert, als der Kultusminister noch nicht aus dem eigenen Parteistall kam. Inzwischen kracht es nun im SPD-Gebälk: Stephan Dorgerloh, seit gut einem Jahr im Amt, hat das gleiche Parteibuch in der Tasche wie Bullerjahn. Dass dennoch ein Finanzminister am Kabinettstisch schwerer wiegt als Kultur und Bildung zusammengenommen, ist allerdings eine …zigfach bewiesene deutsche Wahrheit. Ebenso wahr ist aber auch, dass ein Finanzminister, der nicht rechnen kann und der wider besseres Wissen jahrelang mit falschen Zahlen jongliert, in diesem Amte nichts zu suchen hat.
Allerdings hat Herr Bullerjahn nun auch Konzepte parat, wie dem jetzt zähneknirschend zugegebenen Personalmangel in der Lehrerschaft begegnet werden könne: Die faulen Säcke, die ohnehin jeden Nachmittag frei haben, sollten doch künftig 27 (statt bisher 26) Wochenstunden vor ihren lieben Kinderchen stehen… Prima Idee! Dann hätten sie in den verbleibenden 13 Stunden einer ordentlichen Arbeitswoche im öffentlichen Dienst immer noch massig Zeit, Streife zu laufen, denn wahrscheinlich hat Bullerjahn auch bei der Polizei falsch gezählt. Ich jedenfalls schlage vor, dass der Rotstift bei Herrn Bullerjahn direkt angesetzt wird und nicht etwa bei den hilflosen Hütern dieser Ordnung…
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Freitag, 31. August 2012
(K)Ein Thema für den Urlaub?
zirkustiger, 11:40h
Bin gerade auf dem Weg in den Urlaub. Die teure Saison ist ja vorbei – ab 1. September gibt’s die Sparangebote. Da bekommt man ein Vier-Sterne-Haus mit Sauna in Mittelschweden für unter 500 Euro. Nee, nee, nicht für die Woche, sondern für 14 Tage! Ein Schnäppchen sozusagen. Man muss ja zusehen, wo man bleibt.
Andere müssen das nicht so. Es gibt Berufsgruppen, die haben einen durchschnittlichen Verdienstzuwachs von 7,6 Prozent im Jahr. Im Durchschnitt, wie gesagt. Die Spitzentypen in der Gruppe haben sogar um 38 Prozent zugelegt! Gibt’s doch gar nicht, meint ihr? Von wegen: Es geht um die Aufsichtsräte der 30 deutschen DAX-Unternehmen. Solche Meldungen stehen relativ klein irgendwo im Wirtschaftsteil der Presse, während vorn drauf diese Schlagzeilen prangen: Krise verschärft sich weiter | Euro gerät unter Druck | Mit Hartz IV ins soziale Aus! Und weiter hinten liest man dann (wenn man es findet), dass der VW-Aufsichtsrat im letzten Jahr eben 38 Prozent mehr verdient hat als im Jahr davor. Und dass alle 30 DAX-Aufsichtsräte im Schnitt jene 7,6 Prozent zugelegt haben.
Hier bei uns streiken seit 8 Wochen die Mitarbeiter der S-Direkt. Das ist das CallCenter der Sparkasse. Verdi fordert für die Angestellten einen Mindestlohn von 8,50 Euro. Und zwar jetzt und nicht Zweitausendhosenknopf. Bewegt hat sich bisher nichts.
Ich hab aber noch nie gehört, dass ein Aufsichtsrat gestreikt hätte für eine Erhöhung seines Salärs. Trotzdem klappt das, ganz automatisch. Wie machen die das nur?
Na, ich hab ja jetzt zwei Wochen Zeit, in meinem günstigen Ferienhaus darüber nachzudenken…
Andere müssen das nicht so. Es gibt Berufsgruppen, die haben einen durchschnittlichen Verdienstzuwachs von 7,6 Prozent im Jahr. Im Durchschnitt, wie gesagt. Die Spitzentypen in der Gruppe haben sogar um 38 Prozent zugelegt! Gibt’s doch gar nicht, meint ihr? Von wegen: Es geht um die Aufsichtsräte der 30 deutschen DAX-Unternehmen. Solche Meldungen stehen relativ klein irgendwo im Wirtschaftsteil der Presse, während vorn drauf diese Schlagzeilen prangen: Krise verschärft sich weiter | Euro gerät unter Druck | Mit Hartz IV ins soziale Aus! Und weiter hinten liest man dann (wenn man es findet), dass der VW-Aufsichtsrat im letzten Jahr eben 38 Prozent mehr verdient hat als im Jahr davor. Und dass alle 30 DAX-Aufsichtsräte im Schnitt jene 7,6 Prozent zugelegt haben.
Hier bei uns streiken seit 8 Wochen die Mitarbeiter der S-Direkt. Das ist das CallCenter der Sparkasse. Verdi fordert für die Angestellten einen Mindestlohn von 8,50 Euro. Und zwar jetzt und nicht Zweitausendhosenknopf. Bewegt hat sich bisher nichts.
Ich hab aber noch nie gehört, dass ein Aufsichtsrat gestreikt hätte für eine Erhöhung seines Salärs. Trotzdem klappt das, ganz automatisch. Wie machen die das nur?
Na, ich hab ja jetzt zwei Wochen Zeit, in meinem günstigen Ferienhaus darüber nachzudenken…
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Donnerstag, 30. August 2012
Kleine Baumkunde
zirkustiger, 10:47h
So, so: Eine teutsche Eiche wurde abgesägt, über Nacht, und zwar von links. Das sagte eine Polizeisprecherin in Rostock, noch bevor im Internet eine Bekennerbotschaft auftauchte, die die Ausrichtung des Sägeblattes (ein Fuchsschwanz war es offenbar) bestätigte. Ansonsten wäre es wohl auch schwierig gewesen, die Aussage zu verifizieren: Ein Baumstamm ist bekanntlich rund, und da zu entscheiden, wo links sei und wo rechts, ist abhängig vom jeweiligen Standpunkt. Hier aber hat die „AG Antifaschistischer Fuchsschwanz“ ganze Arbeit geleistet, um „dieses Symbol für Deutschtümelei und Militarismus“ von seiner Wurzel zu trennen, auf dass es sein Hoffnungsgrün nicht weiter entfalte. Ein klarer Standpunkt.
Ich gebe zu, ich bin da selbst etwas gespalten (allerdings nicht ganz so wie eine vom Blitz getroffene Eiche): Die skandalösen Ereignisse in Rostock-Lichtenhagen haben mich seinerzeit tief empört, die Bilder des fanatisierten Mobs im nächtlichen Feuerschein haben sich tief eingebrannt. Daran auch nach 20 Jahren zu erinnern ist nicht nur legitim, sondern demokratische Pflicht. Ob nun gerade eine Eiche das für diesen Anlass angemessene Zeichen ist, darf allerdings bezweifelt werden: Der von seiner Natur her freilich zunächst unverdächtige Baum mit dem markanten Laub ist in der Vergangenheit zu häufig missbraucht und diskreditiert worden, von Bismarck über Hindenburg bis Hitler. Und ich gebe es zu: Wenn es geht, vermeide ich sogar den Besuch von Gasthöfen, die sich „Zur Deutschen Eiche“ nennen. Das mag übertrieben sein, aber mir ist der Lindenbaum am Brunnen vor dem Tore nun mal lieber. Und die verspielte Birke, die zitternde Espe und der duftende Flieder sowieso. Aber mit Symbolen ist das ja oft so eine Sache.
Nun war also der Fuchsschwanz am nächtlichen Werk und hat mit geschärftem Sägezahn darauf aufmerksam gemacht, „dass der Aufarbeitungsprozess noch längst nicht abgeschlossen ist“ (O-Ton Rostocks Sozialsenatorin Melzer), wie sich das die Rostocker Lokalpolitiker sicher gewünscht haben. Eine riesige Sonnenblume blüht ja schon an der Hauswand des gebrandmarkten Wohnblocks, gut. Und es wird wieder diskutiert, auch gut. Und wenn unbedingt gepflanzte Symbole gebraucht werden, plädiere ich für eine international, besser noch interkontinental zusammengestellte Baumgruppe. Vorbild könnte das Wörlitzer Gartenreich des aufgeklärten Fürsten Franz sein, in dem sich europäische, asiatische, afrikanische und amerikanische Gehölze seit Jahrhunderten gut vertragen – so ein kleiner dendrologischer Friedenspark in Rostock-Lichtenhagen (meinetwegen sogar mit Eiche). Da könnte dann wirklich was zusammenwachsen, nicht wahr?!
Ich gebe zu, ich bin da selbst etwas gespalten (allerdings nicht ganz so wie eine vom Blitz getroffene Eiche): Die skandalösen Ereignisse in Rostock-Lichtenhagen haben mich seinerzeit tief empört, die Bilder des fanatisierten Mobs im nächtlichen Feuerschein haben sich tief eingebrannt. Daran auch nach 20 Jahren zu erinnern ist nicht nur legitim, sondern demokratische Pflicht. Ob nun gerade eine Eiche das für diesen Anlass angemessene Zeichen ist, darf allerdings bezweifelt werden: Der von seiner Natur her freilich zunächst unverdächtige Baum mit dem markanten Laub ist in der Vergangenheit zu häufig missbraucht und diskreditiert worden, von Bismarck über Hindenburg bis Hitler. Und ich gebe es zu: Wenn es geht, vermeide ich sogar den Besuch von Gasthöfen, die sich „Zur Deutschen Eiche“ nennen. Das mag übertrieben sein, aber mir ist der Lindenbaum am Brunnen vor dem Tore nun mal lieber. Und die verspielte Birke, die zitternde Espe und der duftende Flieder sowieso. Aber mit Symbolen ist das ja oft so eine Sache.
Nun war also der Fuchsschwanz am nächtlichen Werk und hat mit geschärftem Sägezahn darauf aufmerksam gemacht, „dass der Aufarbeitungsprozess noch längst nicht abgeschlossen ist“ (O-Ton Rostocks Sozialsenatorin Melzer), wie sich das die Rostocker Lokalpolitiker sicher gewünscht haben. Eine riesige Sonnenblume blüht ja schon an der Hauswand des gebrandmarkten Wohnblocks, gut. Und es wird wieder diskutiert, auch gut. Und wenn unbedingt gepflanzte Symbole gebraucht werden, plädiere ich für eine international, besser noch interkontinental zusammengestellte Baumgruppe. Vorbild könnte das Wörlitzer Gartenreich des aufgeklärten Fürsten Franz sein, in dem sich europäische, asiatische, afrikanische und amerikanische Gehölze seit Jahrhunderten gut vertragen – so ein kleiner dendrologischer Friedenspark in Rostock-Lichtenhagen (meinetwegen sogar mit Eiche). Da könnte dann wirklich was zusammenwachsen, nicht wahr?!
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